29.1.2017
Ich hatte es auf der Startseite ja bereits angekündigt, dass diese
Seite zwar in Zukunft mehr eine private als eine politische Seite
sein soll, dass aber dennoch einige ausgewählte Texte und Dokumente
vor allem zum HGL-Skandal hier weiter veröffentlicht werden sollen.
Auch wenn das mittlerweile über ein Jahrzehnt zurückliegt, sollte es
nicht zu schnell vergessen werden.
Was im Zusammenhang mit den HGL-Plänen in Lage an fast Unglaublichem
passiert ist, wird einem immer wieder klar, wenn man in einigen
alten Akten und Dokumenten zurückblättert.
Daher soll die Angelegenheit mindestens noch ein wenig im Gedächtnis
gehalten werden. Und dazu werden hier demnächst einige ausgewählte
Dokumente erscheinen, u. a. eine Chronik über den Ablauf als
Zusammenfassung.
26.2.2017
Die "Lipp. Landes-Zeitung" (LZ) hatte in diesem Jahr Jubiläum, sie wurde 250 Jahre alt. Aus diesem Anlass wurde aus verschiedenen Ortsteilen noch einmal das zusammengestellt, was den zuständigen Redakteuren aus den letzten Jahren als besonders erinnerungswürdig erschien.
Der für Lage zuständige Redakteur Wolfgang Becker wählte das Thema "Das gescheiterte HGL-Projekt in Lage". Dazu führte er mit mir ein Gespräch, in dem wir gemeinsam zurückgeblickt haben. Und dann erschien sein zusammenfassender Bericht zu dem Thema.
Er ist interessant und ruft einiges an Erinnerungen wieder wach. Zwar folgen auch auf dieser Seite jetzt immer wieder neue Kapitel, in denen das Thema ein wenig aufbereitet und aufgearbeitet wird. Aber ich empfehle auch eine Lektüre des Berichts von Herrn Becker, und zwar unter dem folgenden Link:
http://www.lz.de/lippe/kreis_lippe/21683553_Ein-Aufreger-wie-es-ihn-in-Lage-nie-wieder-gab.html
2.2.2017
Das HGL - Chronik eines Skandals - Teil 1
Bauschild und Beginn der Erschließung Febr. 2002 - ohne irgendetwas in der Hand zu haben, wurde einfach begonnen zu bauen! Panik kurz vor dem Untergang ...
Meine Motive: Warum jetzt noch
einmal das Thema „HGL“?
Die HGL-Affäre liegt aktuell (Februar 2017) fast eineinhalb Jahrzehnte
zurück.
Viele (auch Lagenser Bürgerinnen und Bürger) haben sich von Beginn an nicht
dafür interessiert: Weil es ja schließlich nicht direkt „vor ihrer
Tür“ passierte, fühlten sie sich nicht betroffen. Welch ein Irrtum
das war, dürften sie spätestens am Schluss bemerkt haben, als
nämlich die zweieinhalb Millionen Euro Steuergeld weg waren, und
zwar für alle Bürgerinnen
und Bürger der Stadt, auch für die, die sich vorher nicht dafür
interessiert hatten.
Andere haben sich schon dafür interessiert, erinnern sich aber
wahrscheinlich nicht mehr genau, vor allem nicht an Details. Und es
gibt sicher auch einige, die sich noch relativ genau erinnern. Aber
das dürfte eine Minderheit sein.
Aus diesem Grund erscheint es mir notwendig, vorweg noch einmal einiges
aufzufrischen und zu erläutern.
Zuerst möchte ich kurz begründen, warum ich nach fast eineinhalb Jahrzehnten
das Thema noch einmal aufgreife und „auffrische“.
Ich mache das nicht etwa, weil ich von dem Thema persönlich nicht lassen
könnte oder weil es mich immer noch unglaublich mitnimmt oder weil
ich sozusagen „unter Zwang“ immer wieder davon erzählen müsste –
nein, ich persönlich habe mit dem Thema eigentlich mehr oder weniger
abgeschlossen, was die
persönliche Auseinandersetzung damit anbetrifft.
Das heißt aber nicht, dass ich die
allgemeine Erinnerung an die Affäre für abgeschlossen oder
überflüssig halte. Denn man kann aus der Betrachtung und Erinnerung
eine Menge lernen. Und einiges macht einen beim Wieder - Lesen auch
heute noch und wieder ziemlich fassungslos. Man kann sagen: Die
HGL-Affäre war ein negatives Lehrstück. Und so etwas darf man nicht
einfach vergessen.
Viele werden zur Zeit des Geschehens evtl. gar nicht richtig realisiert
haben, was eigentlich wirklich passiert ist. Und tatsächlich: Wenn
man sich die alten Akten und Dokumente noch einmal ansieht, kann man
(auch heute) kaum begreifen, dass in einer überschaubaren
Bürger-Stadt wie Lage so etwas möglich war, beispielsweise, wie
frech die Bevölkerung angelogen worden ist oder wie ehrbare Lagenser
Bürgerinnen und Bürger mit Strafandrohungen, Prozessen oder
Verleumdungen madig gemacht werden sollten oder wie das Geld
unkontrolliert verprasst worden ist oder wie wenig Skrupel es vor
kriminellen Aktionen gab. So wurden beispielsweise künstlich
Situationen geschaffen, aus denen dann danach juristische Maßnahmen
gegen Bürgerinnen und Bürger abgeleitet werden konnten. Das alles
geschah von führenden Mitgliedern der eigenen Stadtverwaltung oder
von Juristen oder von Geschäftsleuten oder von eingebundenen Ärzten,
die bis dahin alle als ehrbare und unbescholtene Bürger galten und auch
heute - mehr oder weniger - wieder als solche durchs Leben gehen (von
Ausnahmen abgesehen, wie sich noch zeigen wird).
Alles das ist in einigen Teilbereichen mal kurz an die Öffentlichkeit
gedrungen, etwa durch Berichte in der Presse, in anderen Bereichen
ist manchmal aber auch nicht einmal das geschehen, sondern alles ist
unter der Decke gehalten worden oder auch gar nicht öffentlich
bekannt geworden. Die wirklichen Dimensionen dieses Falles sind
daher vielen gar nicht richtig ins Bewusstsein gedrungen.
Deswegen glaube ich, dass es lohnt, sich noch einmal mit der Geschichte zu
beschäftigen, damit sie nicht völlig und zu schnell vergessen wird.
Und deswegen fasse ich die Ereignisse hier noch einmal in etwa chronologisch
zusammen, jedenfalls die wesentlichen Ereignisse und Stationen. Eine
Lektüre lohnt sich - auch heute noch, das kann ich versprechen.
(Teil 2 folgt!)
4.2.2017
Das HGL - Chronik eines Skandals - Teil 2
„HGL“
ist die Abkürzung für „Homöopathisches Gesundheitszentrum Lippe“
(nicht „Lage“, wie auf dem Bauschild steht – aber warum hätte
ausgerechnet das stimmen sollen?).
Ein
solches Gesundheitszentrum war für den kleinen Luftkurort Hörste
geplant – Hörste sollte - so von den Planern wörtlich - zu einem
„Zentrum der weißen Industrie“ werden, also eine Art „Zentrum für
Medizin und Gesundheit in Deutschland".
Sie
meinen, das klinge eher nach Größenwahn? Blättern Sie mal in anderen
überlieferten Verlautbarungen und Hochglanzbroschüren,
die produziert wurden (selbstverständlich auf Kosten der
Steuerzahler in Lage). Dann wird Ihnen noch schwindeliger angesichts
dessen, was in Hörste alles entstehen sollte.
Als Beispiel zeigen wir Ihnen zwei Auszüge aus diesem Werbeprospekt für das "Unavicum" vom 31.3.2001 (Anklicken der beiden Links):
Ausz.1 Flyer Unavicum 31.3.2001.jpg
Ausz.2 Flyer Unavicum 31.3.2001.jpg
Sie
sehen, es fehlt(e) an nichts. Das
war aber keinesfalls alles. Ich werde im Verlaufe der nächsten
Kapitel noch häufiger darauf zurückkommen, als was das HGL alles
angepriesen wurde und was alles daraus werden sollte. Es waren auch
Konstruktionen darunter, die einander schon mal
widersprachen oder absolut nicht zusammen passten - eigentlich ein
sicheres Zeichen dafür, dass es eigentlich überhaupt kein klares
Konzept gab, sondern dass es je nach Bedarfslage immer eine andere
Version, aber immer viele wohlklingende Beschreibungen gab. Ähnlich
war es bei der Zahl der Arbeitsplätze, die angeblich entstehen
sollten: Die Zahlen variierten von 80 über 120 bis zu 200, je
nachdem, was gerade als opportun erschien.
Allein
an diesen tatsächlich eher nach einer Mischung aus Größenwahn und
Fantasie klingenden Vorstellungen
und Formulierungen wird vielleicht schon deutlich, wie „seriös“ das
alles war und welche „Experten“ hier am Werk waren. Auch eine
wirkliche Untersuchung der vorhandenen oder nicht vorhandenen
späteren Wirtschaftlichkeit des Projekts hat es nie gegeben. Auch darauf werde
ich noch zurückkommen.
Alle
diese Indizien hätten bei den Kontrollinstanzen, in erster Linie bei
den Ratsmitgliedern, normalerweise höchste Alarmstufe auslösen
müssen. Aber das Gegenteil war der Fall. Die bei sehr unkritischem
Hinsehen auf den schnellen Blick evtl. „visionär“ erscheinenden
Verlautbarungen und vor allem der Titelbegriff „Homöopathie“ führten
bei den meisten Ratsmitgliedern offenbar dazu, dass sie ihre
Kontrollreflexe und ihren gesunden Menschenverstand an der Garderobe
abgaben. Jahre lang verfolgten und genehmigten sie mit großen
Mehrheiten ziemlich kritiklos alles, was ihnen vorgelegt wurde - wie
gesagt, auf Kosten der Steuerzahler in Lage.
Vor
allem die „Grünen“ erwiesen sich als völlig beratungsresistent. Eine
Abordnung der ab 2000 gegründeten „Bürgerinitiative gegen das HGL“
(wird noch Thema in einem der nächsten Kapitel sein!) trug ihnen in
einer langen Sitzung dezidiert und mit Zahlen belegt alle Probleme und Zweifel vor.
Genutzt hat das nichts – hier ging es doch um „Homöopathie“ und um
„sanfte Medizin“! Und da setzte auch (oder gerade?) bei den „Grünen“
die Kritikfähigkeit aus. Selbst, dass eines der ökologisch
wertvollsten Grundstücke in Hörste für das Projekt versiegelt und
zerstört werden müsste, war ihnen egal. Als ob die Natur einen
Unterschied machte zwischen einer Versiegelung durch ein normales
Baugebiet oder einer Versiegelung durch ein homöopathisches
Gesundheitszentrum …
Aber
was hat das mit Hörste zu tun? Warum bot sich die Situation in
Hörste geradezu an, um eine „Entwicklung des Ortes“ vorzutäuschen,
tatsächlich aber eigene und persönliche Interessen zu verwirklichen
(wie es beim HGL-Projekt zweifellos geschehen ist und wie später
noch erläutert werden wird)?
Der
Luftkurort Hörste gehört zur Stadt Lage. Bis zur Gebietsreform 1970
hatte er als eigenständiger kleiner Luftkurort existiert, der in der
Hauptsache von Gästen aus dem Ruhrgebiet und aus Berlin lebte, die
hier, vielfach auf Veranlassung ihrer Betriebe (beispielsweise der
Zechen im Ruhrgebiet), zur Sommerfrische und zur Erholung hinkamen
und in den örtlichen Pensionen wohnten. Zusätzlich gab es zwei
Tagungshäuser und einige Ferienhäuser.
Im
Zuge der Gebietsreform 1970 und der damit zusammenhängenden
Großgemeindebildung konnte Hörste wählen zwischen dem Anschluss an
Detmold oder an Lage. Man entschied sich für Lage, weil es von dort
vertragliche Zusicherungen gab, Hörste als Luftkurort zu erhalten
und weiter zu fördern.
Genau
das war der (erste) Zugang der „geistigen Väter“ des HGL-Projektes.
Denn mit der Formulierung, es diene ja der „Förderung des
Luftkurortes“, waren natürlich alle möglichen oder unmöglichen
Projektplanungen zu begründen, selbst dann, wenn es spezifisch dazu
gar keine oder allenfalls oberflächliche Untersuchungen gegeben
hatte. Schon die ca. 1989 aufgekommenen und eigentlich eher
skurrilen Planungen, am Hilgenstuhl hinter dem Freibad einen sog.
„Primatenpark“ zu errichten (in der Umgangssprache der Hörster
Bevölkerung: einen „Affenpark“), also eine Art von
„Aufbewahrungspark für Primaten“, in dem Biologen der Universität
Bielefeld an den Tieren forschen konnten, sollte nach Angaben der
Befürworter einer „Fortentwicklung des Luftkurortes“ dienen, auch
wenn keiner so genau wusste, wie und warum. An den Protesten ist die
Verwirklichung dann auch gescheitert.
Aber
an diesem Projekt ist schon zu erkennen, dass die Formel „Förderung
des Luftkurortes“ für alle möglichen Zwecke zu gebrauchen (bzw.
missbrauchen) war, auch wenn es in Wahrheit um ganz andere Motive
oder Interessen ging.
Und
damit sind wir dann auch schon ziemlich eng am Thema „HGL in
Hörste“. Denn den Verlautbarungen nach ging es auch hier
selbstverständlich nur
um übergeordnete öffentliche Interessen, nämlich die „Förderung des
Luftkurortes“ - ganz klar!
Und damit war das HGL-Projekt dann schnell ein
„Stadtentwicklungsprojekt“ – unter Aufsicht von Herrn Völker und
seiner Firma HCS („Health Care Systems“). Da war es dann
auch gerade in den richtigen Händen, wie sich zeigen würde (und wie
ich auch noch beschreiben werde).
Aber
dass es nach meiner Meinung von der ersten Sekunde an um etwas ganz
anderes ging als um ein „Stadtentwicklungsprojekt zur Förderung des
Luftkurortes Hörste“, dürfte schon am Tonfall meiner Äußerungen
deutlich geworden sein. Genau darauf gehe ich im nächsten Kapitel
noch einmal genauer ein. Viele spätere Verhaltensweisen werden
nämlich plötzlich viel klarer, wenn man die wahren Motive und
Interessen kennt, die hinter allem stecken.
(Teil 3 folgt!)
24.2.2017
Das HGL - Chronik eines Skandals - Teil 3
Teil 3 a
Welche Interessen und Interessenten steckten wirklich hinter dem geplanten
Projekt „Homöopathisches Gesundheitszentrum Lippe“?
Diese Frage habe ich in den vorherigen Beiträgen schon einige Male gestellt
und auch Antworten darauf angekündigt. Daher will ich mich mit
diesem Problemkreis im Folgenden genauer befassen.
Ob es eine endgültige und eindeutige Antwort gibt, ist angesichts der leider
fehlenden juristischen Aufarbeitung (und der dadurch bedingten
Lücken in der Aktenlage) nicht sicher. Vielleicht gibt es nicht die
einzelne eindeutige Antwort. Aber mindestens will ich eine
Annäherung und eine möglichst schlüssig erscheinende Beantwortung
versuchen.
Vorweg schon einmal eine Zusammenfassung dessen, was ich für die Motiv- und
Interessenlage bei der Planung des HGL-Projekts halte.
Nach meiner Meinung gab es neben persönlichen Profilierungsmöglichkeiten
("Chefarzt") noch einen Dreiklang aus:
- einer fast ideologischen Überzeugung von der alleinigen Richtigkeit der
(im weiteren Sinne) alternativen Medizin,
- vor allem der Anthroposophie, daraus erwachsend von Esoterik und damit verbundenen (pseudo-)religiösen Motiven
- und finanziellen Interessen.
Aus einer solchen Gemengelage ließ sich auch bei großzügiger Auslegung kein
mit Steuergeld zu finanzierendes „Stadtentwicklungsprojekt“
konstruieren. Also musste jetzt, wie vorher bereits erwähnt, der
Luftkurort Hörste herhalten: Er sollte mit einem HGL „gefördert“ und
zu einem „Zentrum der weißen Industrie“ werden. Damit war das
„öffentliche Interesse“ belegt - und es konnte munter alles mit
Steuergeldern finanziert werden.
Klingt das zu abenteuerlich? Oder klingt es, im Gegenteil, zu einfach? Wie auch immer: Es deutet einiges darauf hin, dass es so war.
Also zu Sache: Welche Indizien oder Belege gibt es nun für meine
Ausgangsthesen?
Das HGL-Projekt war von der ersten Sekunde an zum Scheitern verurteilt, wie
wir nicht erst seit heute wissen.
- Es gab keinerlei wirkliches Konzept, sondern nur eine
imaginäre "Vision", die eine gewisse Rauschwirkung erzeugte, aber
keinen Bezug zur Realität hatte.
- Es gab keinerlei vorherige Untersuchung z.B. im
Hinblick darauf, ob der Luftkurort Hörste und das HGL denn überhaupt
zusammen passten. Komplett fehlte eine sog. „Machbarkeitsstudie“,
die vor Beginn aller Arbeiten und Zahlungen hätte erstellt werden
müssen – wie im Übrigen auch die TEAM GmbH
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in ihrem Prüfungsbericht zur
Überprüfung des Objektes HGL vom 4.6.2002 eindeutig festgestellt
hat.
- Es gab keinerlei
Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, in der einigermaßen sorgfältig mal
durchgerechnet worden wäre, ob sich ein solches HGL-Projekt unter
den gegebenen Umständen auch nur ansatzweise rechnen würde.
- Es fehlten sämtliche notwendigen Ratsbeschlüsse,
die eigentlich vorliegen mussten, um mit dem Projekt konkreter
beginnen und dafür Steuergelder ausgeben zu können.
- Wenn sich das HGL hätte rechnen sollen,
war – übrigens auch nach anfänglichen ganz eindeutigen Aussagen der
Projektplaner – die Erfüllung einer Bedingung unabdingbar, nämlich
dass die gesetzlichen Krankenkassen einen Bettenvertrag eingingen.
Das haben die gesetzlichen Krankenkassen jedoch bereits sehr früh
und eindeutig abgelehnt.
- Banken und Sparkassen haben eine
Finanzierung bereits sehr frühzeitig abgelehnt bzw. sind nie näher
in Verhandlungen eingestiegen. Auch andere mögliche Geldgeber haben
bereits sehr frühzeitig abgesagt.
- Und im Sommer 2000 hat sich auch noch eine
Ärzteversammlung im August Weihe-Institut dafür entschieden, dass
das Institut nicht ins HGL umziehen sollte, womit schon wieder ein
Kernstück der Planung fehlte.
Das alles wussten auch die „geistigen Väter“ und (teilweise in
Personalunion) die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung. Das
hinderte aber vor allem die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung
nicht daran, schon frühzeitig und ständig erhebliche Summen an Geld
für das Projekt auszugeben – öffentliches Steuergeld natürlich, ohne
jede Legitimation, wie unter anderem das stadteigene
Rechnungsprüfungsamt und ebenfalls das bereits erwähnte spätere „TEAM" – Gutachten bestätigten.
Das alles wäre bei einem „privaten“ Projekt so nicht möglich gewesen. Wenn
es keine Finanzierungszusage gegeben hätte, hätte man nicht einmal
in die Vorbereitungen einsteigen können. Also musste man, wenn man
sich in den Kopf gesetzt hatte, ein solches Projekt durchzusetzen,
andere Mittel und Wege finden. Nur dadurch, dass man das gesamte
Projekt zu einem öffentlichen „Stadtentwicklungsprojekt“ machen
konnte, konnten bereits frühzeitig und ohne große Kontrolle die
(Steuer-)Gelder fließen. Insofern war es aus Sicht der „geistigen
Väter“ ein cleverer Schachzug, das ganze Projekt als
„Stadtentwicklungsprojekt“ zu tarnen.
Wie kann so etwas kommen? Was bewegte die „geistigen Väter“ und die
Verantwortlichen in der Stadtverwaltung wirklich? Welche Kräfte
waren am Werk, die so stark dazu beitragen konnten, jede Vernunft
über Bord zu werfen?
27.2.2017
Teil 3
b
Welche Kräfte waren beim HGL-Projekt am Werk, die so stark waren, dass jede
Vernunft über Bord geworfen wurde? Das ungefähr war meine Frage zum
Ende des letzten Teils, und diese Frage drängt sich angesichts des
realen Verlaufs massiv auf.
Einen Teil der Antworten kennen Sie bereits aus Teil 3 a. Bei der Frage nach
den „Kräften“, die hier so stark einwirkten, wird das Ergebnis in
etwa lauten: eine Mischung aus anthroposophisch geprägten
pseudo-religiösen Weltanschauungen, Esoterik,
ideologisch-einseitigem Medizin-Verständnis, Sekten-Mentalität,
persönlicher Profilierung und finanziellen Interessen. Dazu jetzt im
Einzelnen noch etwas mehr.
Vorab jedoch einige Bemerkungen: Hauptdarsteller im nächsten Teil wird Herr
Dommes sein. Abweichend von meiner sonstigen Gewohnheit muss ich im
Zusammenhang mit Herrn Dommes auch etwas über seine privaten
Lebensanschauungen und sein persönliches Weltbild berichten und
diese Merkmale hier einbeziehen.
Im Normalfall ginge mich das nichts an und ich würde in einem öffentlichen
Forum kein Wort darüber verlieren. Hier aber ist es nicht der
Normalfall. Denn „normal“ war das nicht, was im Zusammenhang mit dem
HGL-Projekt abgelaufen ist – hier war keine planerische Vernunft,
sondern eher so etwas wie missionarischer Eifer am Werk (heute würde
man fast von „fundamentalistischem Eifer“ sprechen).
Wie und von wem aus kam der ins Spiel? Und wieso hieß das HGL plötzlich auch
„Hörster Spirale“ (und später gar „Unavicum“, aber das ist ein
anderer Zusammenhang)? Warum gab es ein „geomantisches Gutachten“?
Was hatte es damit auf sich und was hat das nun wieder mit
„missionarischem Eifer“ zu tun? Fragen über Fragen…
Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung und werde das auch belegen, dass
es (fast) ausschließlich das private und persönliche Weltbild
(anthroposophisch-religiös-esoterisch, medizinisch im weiteren Sinne
auf Naturheilkunde beruhend, etc.) und der damit verbundene
missionarische Eifer von Herrn Dommes waren, die zum HGL-Projekt in
der vorgefundenen Form führten – offenbar ohne dass sich (auch im
Rat) je jemand gefragt hätte, ob diese rein privaten Vorstellungen
denn als Legitimation für öffentliche Projekte und Geldausgaben
ausreichten oder nicht.
[Grundidee, spezielle Ausrichtung
und die Anfangsaktivitäten kamen nach meiner Überzeugung allein von
Herrn Dommes. Die spätere Durchsetzung des Projekts ist aber wohl
nur zu Beginn ganz allein von Herrn Dommes zu verantworten, z. B. im
Jahre 1996 (ja, da begann das schon, wenn auch zum Teil noch hinter
den Kulissen). Schon kurze Zeit später kam
mindestens noch ein
„Bruder im Geiste“ dazu (wahrscheinlich sogar noch mehrere), und
der/die sollte(n) noch eine mindestens so unrühmliche Rolle spielen
wie Herr Dommes. Aber Herr Dommes war eben der „Initiator“, der es
immer weiter trieb, obwohl er es nicht durfte, und er war
städtischer Beamter und damit besonderen Verpflichtungen
unterworfen, die die anderen Beteiligten aus der sog. „freien
Wirtschaft“ in dieser Form nicht hatten. U.a. daraus besteht die
besondere Verantwortung von Herrn Dommes. Aber dazu später noch
mehr.]
Dass Herr Dommes als städtischer Baudirektor prinzipiell Vorschläge für die
Stadtentwicklung, in diesem Fall für die Entwicklung des
Luftkurortes Hörste, vorlegte, war an sich selbstverständlich erst
einmal nicht zu beanstanden. Das gehörte geradezu zu seinen
Aufgaben.
Für die Entwicklung des Luftkurortes Hörste kam noch hinzu, dass in dem
Vertrag im Zusammenhang mit der Gebietsreform und der
Großgemeindebildung der Entwicklung des Luftkurortes eine besondere
Bedeutung zugemessen worden war. Sinngemäß hieß es dort, dass der
Luftkurort mindestens auf dem gleichen Niveau gehalten und die
entsprechenden Einrichtungen (Haus des Gastes, Freibad,…) gepflegt
und gehalten werden sollten.
Insofern war es auch eine dringende Aufgabe der Lagenser Verwaltung, vor
allem der verantwortlichen Verwaltungsspitze, auf die Entwicklung
des Luftkurortes Hörste besonderen Wert zu legen. Gegen ein
Stadtentwicklungsprojekt, das tatsächlich zum Luftkurort Hörste
gepasst und ihn wirklich vorangebracht hätte, wäre also nichts
einzuwenden gewesen.
Daher ist es zuerst einmal nicht kritikwürdig, dass ein Vorschlag, der
offiziell der Weiterentwicklung des Luftkurortes Hörste diente, aus
der Verwaltung der Stadt Lage bzw. von Herrn Dommes kam - wenn, ja,
wenn der Vorschlag tatsächlich einer Weiterentwicklung des
Luftkurortes Hörste gedient hätte und zu diesem Zweck
sorgfältig geprüft und
vorbereitet worden wäre! Dann wäre dagegen nichts einzuwenden
gewesen! Aber dass das nach meiner festen Überzeugung nicht der Fall
war, sondern dass es ganz andere Gründe und Motive gab, habe ich an
verschiedenen Stellen schon erwähnt und belegt und werde das auch
hier noch einmal tun.
Auf jeden Fall ist es wegen dieser - nicht von mir zu verantwortenden -
Vermischung von öffentlichen Angelegenheiten und Geldausgaben auf
der einen und privaten Motiven auf der anderen Seite in diesem Fall
nicht anders möglich, als private Eigenarten und Anschauungen von
Herrn Dommes etwas genauer zu beleuchten und in meine öffentliche
Darstellung einzubeziehen.
Beginnen wir also mit Herrn Willibald Dommes, damals Stadtbaudirektor bei
der Stadt Lage. Persönliche „finanzielle Interessen“ will ich ihm
mal nicht unterstellen, dafür gibt es keine Indizien. Aber sonst
fehlt von den zu Beginn dieses Teils genannten Punkten eigentlich
nicht mehr viel …
Zuerst einmal gehe ich ein auf Fragen zur „Urheberschaft“ und zu den „geistigen
Vätern“ des Projekts, weil hier eine erste Teilantwort auf die Frage
nach den auf
das Projekt einwirkenden Kräfte liegen könnte:
Der städtische Mitarbeiter Jörg Moje, zeitweilig auch „Projektleiter HGL“,
teilt in seiner Vernehmung vor der Staatsanwaltschaft Detmold am 16.
Dezember 2003 mit, „seinerzeit
seien stadtplanerische Überlegungen angestellt worden, aus Hörste
etwas zu machen.“ Was mit „seinerzeit“
gemeint ist, wird hier nicht ganz klar. Aus den späteren Aussagen
lässt sich erschließen, dass es sich ungefähr um den Zeitraum
1997-1998 handeln muss. Dass sich Hörste geradezu anbot für (auch
persönlich motivierte) Vorhaben, um nicht zu sagen Experimente, habe
ich vorher bereits erläutert – mit einer „Förderung des
Luftkurortes“ konnte man fast alles „begründen“.
Insofern überrascht diese Aussage erst einmal nicht.
Dann sagt Herr Moje weiter, „die
ersten Überlegungen zum HGL seien im Baudezernat, vom Baudezernenten
Weihe und den Fachämtern, insbesondere im Bauplanungsamt, angestellt
worden.“
Ob die Aussage überhaupt so stimmt, weiß ich nicht. Wenn ja: Inwieweit der allererste Vorschlag für eine „Gesundheitseinrichtung“ in
Hörste nun tatsächlich vom Baudezernenten Weihe kam oder ob nicht
bereits hier im Hintergrund der eng mit Herrn Weihe
zusammenarbeitende Herr Dommes die „Tipps“ gegeben und Herrn Weihe
nur noch zum Verbreiter gemacht hat, ist mir nicht genau bekannt. Da
aber bereits sehr früh die Spiralform des Gebäudes im Gespräch war
und diese Form sehr mit esoterischen Bau- und Formvorstellungen
korrespondiert, ist zu vermuten, dass bereits von der ersten Sekunde
an Herr Dommes seine Finger im Spiel hatte - es sei denn (was ich
nicht weiß), Herr Weihe war auch Esoteriker oder Anthroposoph oder so etwas.
Da Herr Weihe aber aus der Projektgruppe HGL nach Aussage von Herrn Moje
schon „im Frühjahr 1999
ausgeschieden sei“ (nach meiner Erinnerung damals sogar auch aus
dem Dienst, aber da bin ich mir nicht sicher), danach das Projekt
aber erst richtig Fahrt aufnahm, dürfte Herrn Weihes Rolle, wenn
überhaupt, nur bei den ersten lockeren Vorgesprächen relevant
gewesen sein. Anfangs evtl. parallel dazu, aber auf jeden Fall schon
im sehr frühen Stadium allein legte dann Herr Dommes den Kurs fest.
In den anderen Zeugenvernehmungen taucht der Name Dommes sowieso sofort an
erster Stelle auf, wenn es um die Initiatoren für das HGL-Projekt
geht, auch für die Aktivitäten im sehr frühen Stadium. Dr. Behnisch
z. B. sagt in seiner Vernehmung am 3.12.2003 vor der
Staatsanwaltschaft: „Herr Dommes und Herr Lüke kamen im November 1996 zu mir“ – nämlich
mit der „Grundidee“ zum HGL. November 1996!
[Danach sagte Herr Behnisch im Übrigen noch einen wunderbaren Satz: „Sie
gaben an, die Stadt Lage stelle Überlegungen an, um den Luftkurort
Hörste aufzurüsten.“ Vergleichen Sie, was die
Experimentiervorhaben für den Luftkurort Hörste anbetrifft, meine
Äußerungen zu den Zeugenaussagen von Herrn Moje wenige Absätze
vorher!]
Am 13. Oktober 1999 erschien in der „Lippischen Landes-Zeitung“ ein Bericht
über Untersuchungen auf dem für das HGL geplanten Gelände in Hörste
– ein „freier Archäologe“
hielt es für sicher, dass sich auf diesem Gelände (das auch noch!) „ein Teil des ehemaligen Römerlagers“ befinde. Auf dem Bild zu diesem
Artikel war auch Stadtbaudirektor Willibald Dommes abgebildet - „einer
der geistigen Väter des homöopathischen Gesundheitszentrums“,
wie es im Artikel heißt. Auch in einem HGL-Artikel in der LZ vom 1.
Juni 2000 wird Herr Dommes als „einer
der geistigen Väter des Projektes“ bezeichnet. Ob er heute davon
noch etwas wissen möchte, weiß ich nicht. Im Sog der zu dieser Zeit
bereits entfachten Euphorie jedenfalls blieben beide Einschätzungen
von Herrn Dommes unwidersprochen und wurden wahrscheinlich sogar mit
viel Wohlwollen aufgenommen.
Es ist also sicher keine Fehleinschätzung, wenn man Herrn Dommes, der das
Projekt später trotz aller auf der Hand liegenden Mängel versucht
hat mit allen Mitteln durchzusetzen, als den „Erfinder“ bzw. auch
als einen der „geistigen Väter“ des HGL-Projektes bezeichnet. Für
mich persönlich ist er der
„geistige Vater“ des Anfangsprojekts, auch wenn später noch ein paar
„Ideengeber“ dazu kamen.
Man sieht, mit welcher Zähigkeit Herr Dommes also schon
seit 1996 an der
Verwirklichung seines „Lieblingsprojektes“ gearbeitet hat, obwohl
einige notwendige Voraussetzungen nie vorhanden waren und von den
restlichen notwendigen Voraussetzungen schon ein oder zwei Jahre
später auch nichts mehr da war (und Herr Dommes das wusste!). Diese Zähigkeit (oben habe ich es
„missionarischer Eifer“ genannt) in Zusammenhang gebracht mit Herrn
Dommes persönlichem Weltbild, auf das ich im Folgenden noch genauer
eingehe, liefert eine erste Erklärung für meine Frage nach den
Kräften, die hinter diesem Projekt gestanden und auf es eingewirkt
haben …
[weiter
geht es in Teil 3 c!]
Teil 3 c
Auch in diesem Teil geht es noch immer vor allem um die Rolle von Herrn
Dommes bei der Einführung und Durchsetzung des HGL-Projektes in
Hörste. Auf die anderen Hauptakteure und teilweise auch auf einige
Nebenrollen komme ich später auch noch. Man sieht: Die Aufarbeitung
wird recht ausführlich. Aber das muss sein.
Wenn es nach der Eigenbewertung von Herrn Dommes geht (der nachträglichen,
nämlich dann, als Anzeige erstattet worden war!), hat er eigentlich
beim HGL-Projekt kaum eine Rolle gespielt und hatte mit dem gesamten
Projekt gar nicht viel zu tun. Die Verantwortung hatten andere, er
war nur Befehlsempfänger und Ausführender, hatte wenig Befugnisse in
der Verwaltung, der Bürgermeister hatte alles an sich gerissen (so
am 23.2.2004 gegegnüber der Staatsanwaltschaft Detmold): „Wie
aus der Niederschrift des HA vom 4.3.1999 nachzulesen ist …, hat
Herr Bürgermeister Siekmöller selbst die wesentliche Wahrnehmung der
Aufgaben des HGL-Projektes übernommen.“ [Kleine Erinnerung am
Rande: Bereits im November 1996 war Herr Dommes mit Herrn Lüke wegen eines HGL bei
Herrn Dr. Behnisch gewesen …]. Herr Dommes hat sich nach eigener
Aussage bei wichtigen Entscheidungen fast immer auf den Sachverstand
von anderen verlassen und wusste in den meisten Fällen von nichts („Die Frage kann ich nicht beantworten.“... „Die Thematik liegt außerhalb meiner Zuständigkeit.“... „Mir
ist der Inhalt des Beschlusses des Landgerichts nicht bekannt.“
[Hinweis: Das Landgericht Detmold hatte in diesem Beschluss vom
27.9.2001 den richtungweisenden Pro HGL-Ratsbeschluss vom 6. April
2004 für „rechtswidrig“
erklärt – dieser einschneidende Gerichtsbeschluss war dem Mitglied
des Verwaltungsvorstandes und Stadtbaudirektor Willibald Dommes
angeblich also „nicht bekannt“…].
So und in diesem Tonfall jedenfalls hat er über seinen Rechtsanwalt
Dr. Restemeier in seiner schriftlichen Aussage gegenüber der
Staatsanwaltschaft (u. a. am 23.2.2004) verlauten lassen.
Schutzbehauptungen und möglichst viel Nichtwissen sind eben die
typische Taktik in solchen Situationen, unabhängig davon, wie die
Realität aussah.
Die zweite Verteidigungslinie (die im Übrigen auch von anderen Beteiligten
eingebaut wurde) war, dass man mit dem Gebietsänderungsvertrag
zwischen der Stadt Lage und der Gemeinde Hörste von 1968 quasi
automatisch eine Verpflichtung eingegangen sei, den Luftkurort durch
eine zusätzliche Gesundheitseinrichtung zu fördern. Außerdem habe es
eine Art von „Aufforderung“ der Landesregierung in Düsseldorf
gegeben, etwas für Luftkurorte und Heilbäder zu tun („Handlungsrahmen
Kurorte“ vom 21.1.1997). [Auch hier noch einmal die kleine
Erinnerung am Rande: Bereits im
November 1996 war Herr
Dommes mit Herrn Lüke wegen eines HGL bei Herrn Dr. Behnisch
gewesen, daher kann ein „Handlungsrahmen
Kurorte“ von 1997 kaum der Anstoß gewesen sein…]. Andere Kurorte
in Deutschland hätten mit der Schaffung von spezialisierten
Gesundheitseinrichtungen „große Bedeutung und allgemeine Akzeptanz erlangt“. Man staunt, in
welche Riege sich Hörste hier einreihen darf: ,,Schroth-Kuren (Oberstaufen), Kneipp-Kuren (Bad Wörishofen),
Thermal-Kuren (Bad Füssing) etc.“ – daher sei für Hörste die „Festlegung
auf die Therapieform ‚Homöopathie‘ … bei objektiver Betrachtung
keinesfalls abwegig“, meint Herr Dommes über seinen Rechtsanwalt
- noch 2004.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, vor allem angesichts der
völlig anderen Voraussetzungen in Hörste und der gesamten auch
bis dahin und vorher schon klar bekannten Risiken und Mängel (z. B.
‚keinesfalls ohne Krankenkassen‘ – die hatten aber schon ganz früh
und definitiv abgesagt, etc.).
Insgesamt stricken Herrn Dommes und sein Anwalt jedenfalls an so einer Art
von Mythos, nämlich, dass der Bau des HGL in Hörste in etwa eine
Mischung aus vorgegebenen Notwendigkeiten, Hilfsbereitschaft für
einen gebeutelten Luftkurort und Erfüllung landesplanerischer
Vorgaben gewesen sei und nicht etwa eine exotische Idee oder eine
persönliche Marotte. Auf den ersten Blick vielleicht nicht
ungeschickt – allerdings fallen nur diejenigen darauf herein, die
die genauen Hintergründe und Motive nicht kennen.
Denn die Realität sah völlig anders aus. Dass Herr Dommes mit dem Projekt
nicht nur viel mehr zu tun hatte, als er vor der Staatsanwaltschaft
zugab, sondern dass er geradezu der „geistige Vater“ eines
exotischen Projekts war und es trotz aller Mängel immer weiter
betrieben hat, obwohl es keinerlei kommunalpolitischen „Sinn“ oder
gar zwingende Notwendigkeiten oder „gesetzliche Vorgaben“ gab, habe ich oben
bereits verschiedentlich erläutert. Ich werde auf diesen Komplex
auch noch einmal zurückkommen.
Zuerst einmal aber möchte ich auf die zweite „Verteidigungslinie“ eingehen,
nämlich auf den Gebietsänderungsvertrag und die sich daraus
ergebenden angeblichen Verpflichtungen und auch kurz auf die
angeblichen Vorgaben aus dem „Handlungsrahmen
Kurorte“ von 1997. Auch dieser Themenbereich ist vorher schon
angesprochen worden, ich möchte ihn hier aber noch einmal vertieft
angehen, da diese „Argumente“ in verschiedenen Beiträgen der von der
damaligen Bürgerinitiative angezeigten Personen vor der
Staatsanwaltschaft an mehreren Stellen geltend gemacht werden.
Das Gesamtergebnis dieser Befassung kann übrigens schon einmal
zusammengefasst vorweggenommen werden, auch wenn es insgesamt wenig
überraschend ist: Tatsächlich hält von der „Argumentation“ von Herrn
Dommes und Co. in diesem Bereich NICHTS auch nur annäherungsweise
einem Faktencheck stand.
Zuerst, weil es am schnellsten geht, zu dem „Handlungsrahmen Kurorte“ der Landesregierung NRW vom 21.1.1997:
Dieser „Handlungsrahmen“
kommt, wie gesagt, schon allein deswegen nicht als Anstoß für ein
HGL-Projekt in Frage, weil das HGL-Projekt bereits längst vorher
angestoßen worden war, und zwar auch in seiner ganz spezifischen
Ausrichtung. Denn nicht umsonst war Herr Dommes schon im November
1996 ausgerechnet bei dem homöopathischen Arzt Dr.
Behnisch. Und zwar war er dort mit Herrn Lüke, dem Bauunternehmer.
Auch mit dem mussten also vorher schon Gespräche und bestimmte
Einigungen stattgefunden haben. Das gesamte Projekt ist also noch
deutlich vor November 1996 tatsächlich gedanklich entstanden und
auch konkret gestartet worden.
Außerdem initiiert der „Handlungsrahmen
Kurorte“ völlig andere Maßnahmen als die Planung von neuen
Krankenhäusern oder Gesundheitszentren. In ihm geht es nämlich
schwerpunktmäßig um die
Erhaltung der bestehenden Heil- und Kurbäder, die bereits Kliniken und
Reha-Einrichtungen besaßen. Deren Erhalt war vor allem durch ein
neues Bundesgesetz (das u. a. auch die steigenden Ausgaben in der
Reha und bei den Kuren begrenzen sollte) schwer gefährdet. Es gab –
auch und vor allem in Ostwestfalen-Lippe – sogar bereits eine hohe
Fehlbelegungsquote in diesen Kliniken. Und im „Handlungsrahmen Kurorte“ ging es darum, die Zerschlagung dieser
bereits bestehenden Einrichtungen möglichst zu verhindern.
Geförderte Maßnahmen waren daher beispielsweise Imagekampagnen für
die betroffenen Städte und Gemeinden, Aufbau eines elektronischen
Buchungs- und Reservierungssystems, Durchführung von
Qualifikationsprogrammen für Krankenhausmanager, die Vernetzung von
Patientendaten und die Verbesserung der Qualifikation von im
Gesundheitswesen Tätigen – etwas
völlig anderes als das,
was in Hörste geplant war. Die Gründung einer
neuen Gesundheitseinrichtung war vor diesem Untergrund sogar
kontraproduktiv. Sich für die Gründung eines
neuen Gesundheitszentrums in Lage-Hörste auf den „Handlungsrahmen
Kurorte“ zu berufen, war daher sachlich völliger Unsinn
(vorsichtig ausgedrückt). Das diente nur einer
nachträglichen „Rechtfertigung“ und einer Vertuschung der wahren
Motive.
(Es folgt: Konnte man sich wenigstens zu Recht auf den
Gebietsänderungsvertrag zwischen der Stadt Lage und der Gemeinde
Hörste berufen?)
18.3.2017
Teil 3
d
Wie
bereits erwähnt wurde, hatte die Gemeinde Hörste im Zuge der dann 1970
durchgeführten Gebietsreform vorher die Möglichkeit der Entscheidung:
Zugehörigkeit zur künftigen Stadt Detmold oder zur künftigen Stadt
Lage?
Die
Stadt Lage garantierte in einem am 19. November 1968 separat
abgeschlossenen Gebietsänderungsvertrag mit der damaligen Gemeinde
Hörste bei gültiger amtlicher Anerkennung eine Erhaltung Hörstes als
Luftkurort und als Erholungsgebiet und eine Förderung
des Fremdenverkehrs. Das bewog die Hörster dazu, sich der Stadt Lage
anzuschließen.
Auf
diesen Vertrag bzw. den § 8 aus diesem Vertrag beriefen
sich, wie ebenfalls bereits verschiedentlich angesprochen wurde,
dann auch diejenigen immer wieder, die den Luftkurort Hörste
(angeblich oder ernsthaft) „fördern“ wollten, u. a. auch die
„geistigen Väter“ des geplanten Homöopathischen Gesundheitszentrums
Lippe.
Was
stand nun in diesem Vertrag?
Lesen
Sie selbst, der Text ist nicht sehr lang:
[Auszug
aus dem Gebietsänderungsvertrag zwischen der Gemeinde Hörste und der
Stadt Lage (Lippe) vom 19. November 1968]
Man
sieht, dass es einige Vorteile und Errungenschaften für Hörste gab.
Für die Zukunft wurde garantiert, dass „Einrichtungen
und Anlagen in der Ortschaft Hörste, die insbesondere zur Förderung
des Fremdenverkehrs geschaffen wurden, … erhalten und weiter
vervollkommnet werden“ sollten. „Die
Einrichtungen des Fremdenverkehrs“ sollten „mindestens
auf dem bei gleichbedeutsamen Luftkurorten üblichen Niveau“
gehalten werden. Dazu zählten „außer dem Verkehrsamt
insbesondere das Freibad und seine Umgebung, die gemeindlichen
Parkanlagen und die Wanderwege“.
Das
war‘s…
Weder
war die Rede von neuen Großprojekten noch überhaupt von der
Schaffung von neuen Projekten. Im Wesentlichen sollten die
bestehenden Einrichtungen „erhalten
und weiter vervollkommnet werden“, und zwar „auf
dem bei gleichbedeutsamen Luftkurorten üblichen Niveau“ -
und „gleichbedeutsame
Luftkurorte“ waren eben nicht Heilbäder, Spezialkurorte oder
medizinische Zentren, sondern kleine dörfliche Familien-Luftkurorte.
Das war der Maßstab.
Das
muss nicht bedeuten, dass man sich in einer Verwaltung nicht ggf.
auch Gedanken über neue und originelle Konzepte für einen
Familien-Luftkurort machen sollte oder
könnte. Aber nicht ansatzweise konnte aus diesem
Gebietsänderungsvertrag eine Rechtfertigung für eine Planung und
Verwirklichung des HGL-Projektes
und die damit verbundenen Steuerausgaben abgeleitet werden. Aber genau das wurde immer wieder getan.
Es gab
tatsächlich schon einmal so etwas wie ein Gutachten, in dem die
Situation im Luftkurort Hörste beleuchtet und in dem einige
Maßnahmen und Vorschläge für eine positive weitere Entwicklung
gemacht wurden. Das Gutachten war allerdings auch 1996 schon nicht
mehr ganz neu. Dennoch hätte man bei sorgfältiger Analyse einige
wichtige und auch 1996 noch gültige Kriterien daraus ableiten
können.
Das
Gutachten stammt vom Dt. Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für
Fremdenverkehr an der Universität München, und zwar aus dem Jahre
1975. Es war also 1996, als die HGL-Visionen einsetzten, zwar nicht
mehr wirklich aktuell, aber auch nicht etwa völlig veraltet und
überholt. Trotz der dazwischen liegenden 20 Jahre und trotz einiger
Veränderungen waren nämlich einige Grundbedingungen für Hörste
gleich geblieben. Dazu gehörte, dass Hörste weiterhin ein bäuerlich
geprägter Familienluftkurort in schöner landschaftlicher Umgebung
war und nur in der Kultivierung dieser Eigenschaften eine
spezifische Überlebensmöglichkeit besaß: Man musste diese Eigenarten
betonen und herausarbeiten und zu markanten Pluspunkten ausbilden.
Genau dies wird bereits in dem Konzept von 1975 vorgeschlagen. Eine
Orientierung daran hätte zu brauchbaren und praktikablen und damit
zu ganz anderen Ergebnissen geführt als die Planung eines
HGL-Projektes.
Ich bilde einige aussagekräftige Passagen aus dem Entwicklungskonzept ab, in denen deutlich wird, wo Hörstes Zukunft nach Meinung dieser Fremdenverkehrsexperten gelegen hätte.
Ich
beginne mit einigen Auszügen aus dem Vorwort, in denen auf die
Ausgangsbedingungen eingegangen wird. Danach folgen einige
Kernaussagen aus dem Gutachten:
…
...
...
...
Kleine, überschaubare Einheiten, familienfreundlich, Schwimmen,
Spaziergänge, Kultur- und Naturdenkmäler mit Geschichtsbezug,
Rückgriff in die Geschichte erfolgversprechender als Modernität aus
Glas und Beton - ich denke, in diesen Auszügen ist alles
Wesentliche gesagt. Und auch hier wird deutlich, dass die Planung
eines HGL – Projektes (auch wenn es nicht gerade aus Beton sein
sollte) sich nicht begründen ließ mit einer „Förderung des
Luftkurortes Hörste“. Die hätte nämlich auch aus diesem Blickwinkel
betrachtet völlig anders aussehen müssen.
9.4.2017
Teil 3
f
Etwa
Ende 1989, also gar nicht mehr so weit entfernt von den ca. Mitte
der neunziger Jahre einsetzenden HGL-Phantasien, hatte sich der
damalige Vorstand des Heimat- und Verkehrsvereins Hörste Gedanken
zur Situation und zur weiteren Entwicklung des Luftkurortes Hörste
gemacht.
Im
Vorfeld zu diesen Überlegungen war in einer Bürgerversammlung am 1.
Februar 1989 der geplante „Primatenpark“ (oder auch der sog.
„Affenpark“ - siehe dazu Ausführungen in den vorherigen Teilen!) von
der Hörster Bevölkerung deutlich abgelehnt worden. Eine weitere
Bürgerversammlung hatte es am 24. Mai 1989 gegeben. Hier ging es um
die möglichen Zukunftsperspektiven für den Luftkurort Hörste.
Wenn
es also nur wenige Jahre später um eine wirkliche Berufung auf
Hörster Wünsche und Interessen gegangen wäre, nach denen man in der
Verwaltung die Weiterentwicklung des Ortes geplant hätte, hätte man
sich auf diese Bürgerversammlungen und auf die Ausführungen des
Heimat- und Verkehrsvereins berufen können und müssen.
Berufen
haben sich die für die HGL-Planungen Verantwortlichen am Ende auch
auf angebliche Wünsche aus Hörste. Nur haben sie die
tatsächlichen Wünsche
und die Ausführungen dazu gar nicht wirklich zur Kenntnis genommen
und beachtet, sondern sich einfach eigene Versionen daraus
gestrickt. Und daraus haben sie dann (vor allem später) einfach
abgeleitet, die Bevölkerung in Hörste und der Heimat- und
Verkehrsverein hätten ja ein Projekt wie das HGL gewünscht und
gefordert. Glatt erfunden – wie so vieles in der Affäre!
Ich
kann hier die ca. 14-seitigen Ausführungen des Heimat- und
Verkehrsvereins nicht vollständig wiedergeben oder zitieren. Ich
werde nur die wesentlichen Aussagen dazu ansprechen, wie die
Vorstellungen über eine Beteiligung der Hörster Bevölkerung und über
die prinzipielle weitere Entwicklung aussahen. Man wird sehen, dass
auch hier nirgendwo die
Rede ist von angeblich gewünschten Großprojekten wie dem HGL,
sondern wie in dem Gutachten vorher wurde auch hier
(zusammengefasst) auf eine Weiterentwicklung von Hörste als
familienfreundlicher und bäuerlich-familiär geprägter kleiner
Luftkurort gesetzt. Als ein mögliches „Großprojekt“ wurde allenfalls
ein Hotel ins Auge gefasst, evtl. noch die Erschließung einer
Thermalquelle, wie es schon einmal angedacht worden war(Seite 4 der
Ausführungen des Heimat- u. Verkehrsvereins).
Heimat- u. Verkehrsverein
Hörste ca. Ende 1989
Beide
dieser als Möglichkeiten ins Auge gefassten sog. „Großprojekte“
waren sowohl vom Charakter als auch von ihrer Dimension her mit dem
HGL-Projekt, das ja den gesamten Ort umgewandelt hätte und auch
umwandeln sollte („Zentrum der weißen Industrie“), nicht
vergleichbar. Stattdessen wurde, wie z. B. an dem Beitrag „Gewinnung
neuer Zielgruppen“ deutlich wird, eindeutig auf eine Fortentwicklung
in Richtung „Familienluftkurort“ gesetzt:
Heimat- u. Verkehrsverein Hörste ebd.
Pikanter Weise wird in den Ausführungen des Heimat- und
Verkehrsvereins ganz deutlich eine fehlende Beteiligung der Hörster
Bevölkerung und Vereine bemängelt – wo sich doch gleichzeitig die
Verwaltung bei den HGL-Planungen immer auf die angeblich ermittelten
Wünsche der Hörster Bevölkerung berief ...
Eine
bundesweite „Stagnation“ im Fremdenverkehrswesen hatte auch der
Heimat- und Verkehrsverein bereits damals festgestellt, bemerkte
aber auch dazu, dass der Luftkurort Hörste wegen seiner
familienfreundlichen Ausrichtung und den dieser Ausrichtung
entsprechenden Investitionen bisher vergleichsweise glimpflich
daraus hervorgegangen sei. Dazu habe auch beigetragen, dass es vom
Innenministerium eine Auszeichnung als „familienfreundlicher
Luftkurort“ gegeben habe (Seite 1 und 2 der Ausführungen des Heimat-
und Verkehrsvereins). Das
war also die Richtung, die aus Hörste gewünscht und empfohlen wurde!
Die
Planung eines HGL in Hörste war also auch aus diesem Blickwinkel und
unter Berufung auf angebliche Wünsche der Hörster Bevölkerung oder
der Hörster Vereine nicht begründbar.
(Fortsetzung folgt!)
Aber was war jetzt mit den anderen Hauptakteuren? Was war mit dem
Bürgermeister, der doch seinem Amt und seiner Funktion nach im
Mittelpunkt der Verantwortlichkeit steht? Das soll im Folgenden
etwas genauer beleuchtet werden.
Prinzipiell kann man sagen, dass die reale Rolle des Bürgermeisters
nicht so glasklar zu fixieren ist, wie man es auf den ersten Blick
vermuten sollte. Dazu hat er sich, was beispielsweise
Unter den folgenden Links können die einzelnen Kapitel bzw. Teile aufgerufen werden:
Teil 1: Meine Motive: Warum jetzt noch einmal das Thema „HGL“?
Teil 2: „Stadtentwicklungsprojekt zur Förderung des Luftkurorts Hörste“
Teil 3 a: „Einer der geistigen Väter“ – ein Stadtbaudirektor als Pionier der Homöopathie
Teil 3 b: Welche Kräfte waren beim HGL am Werk?
Teil 3 c: "Mein Name ist Hase" (1)
Teil 4: "Huhu, hier bin ich!" Wo war eigentlich der Bürgermeister?